Stresing: "Wir brauchen endlich klare Zuständigkeiten" – Startup-Verband zieht 100 Tage-Bilanz zur neuen Bundesregierung
Berlin, 12.08.2025
Zu den ersten 100 Tagen der Bundesregierung nimmt der Startup-Verband eine Bestandsaufnahme vor: Der Koalitionsvertrag hat die große Bedeutung von Startups für den deutschen Innovations- und Wirtschaftsstandort klar erkannt. Doch noch immer ungeklärte Zuständigkeiten der Ressorts verhindern eine konsistente Startup-Politik der Bundesregierung. Die für Anfang August avisierte Klärung lässt immer noch auf sich warten. Das müsse sich schnellstmöglich ändern, mahnt der Verband. Deswegen zeige sich trotz einzelner Lichtblicke nach knapp 100 Tagen insgesamt “ein durchwachsenes Bild” bei der Startup-Politik der Bundesregierung.
„Der Koalitionsvertrag hat eine gute und ambitionierte Grundlage für die Startup-Politik in dieser Wahlperiode gelegt. Es mangelt nicht an Erkenntnis, sondern an klaren Zuständigkeiten. Auch knapp 100 Tage nach Amtsübernahme bleiben die Startup-Kompetenzen unklar: Niemand kann sagen, wer zuständig ist”, sagt Co-Geschäftsführer Christoph J. Stresing.
Der Startup-Verband betont, dass einzelne, der von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen eine große Wirkung für das Startup-Ökosystem entfalten könnten. Dazu zähle die Fortführung des Leuchtturmwettbewerbs “Startup-Factories” und die Auszeichnung der 10 Gewinner im Juli 2025 durch das Bundeswirtschaftsministerium. Laut Auffassung des Startup-Verbandes könnten die Startup-Factories zum echten Gamechanger bei hochschulnahen Gründungen und der Skalierung von technologieorientierten Unternehmen werden. Auch die Verabschiedung einer Hightech-Agenda, die das neu zugeschnittene Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt verantwortet, und die angekündigte “Startup-Strategie 2.0” werden positiv hervorgehoben.
Kritisch hingegen wird beurteilt, dass das im Sofortprogramm der Bundesregierung angekündigte “Standortstärkungsgesetz” weiter auf sich warten lässt, obwohl mit dem Regierungsentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz II aus der letzten Legislaturperiode das Vorhaben bereits in Gesetzesform gegossen wurde. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil sollte das noch von seinem Vorgänger Jörg Kukies vorangetriebene Projekt schnell umsetzen, heißt es aus dem Startup-Verband. Die Finanzierungsbedingungen für Startups und Scaleups zu verbessern und neue Anreize für Investoren zu setzen, müsse wichtige Priorisierung der Bundesregierung werden. Andernfalls würden die Ziele des Koalitionsvertrages nicht erreicht werden. Die Finanzierungslücke für Startups in Deutschland liege bei rund 30 Milliarden Euro jährlich. Während in den USA 2024 pro Kopf 510 Euro in Startups investiert wurden, waren es in Frankreich 108 Euro – und in Deutschland nur 90 Euro.
“Startup-Politik ist kein Schaulaufen. Es geht darum, einen wettbewerbsfähigen Rahmen für die Zukunftstreiber unserer Wirtschaft zu setzen”, betont Co-Geschäftsführerin Franziska Teubert. “Damit Deutschland im globalen Vergleich nicht zurückfällt, müssen die Reformversprechen schnell Realität werden”, fordert sie.
Auch auf europäischer Ebene sieht der Verband Handlungsbedarf. Ein zentrales Anliegen ist die Schaffung eines 28. Regimes für Startups – einer einheitlichen europäischen Gesellschaftsform, mit der Startups einfacher grenzüberschreitend wachsen können: „Als größte Volkswirtschaft Europas muss Deutschland diese Reform mutig vorantreiben. Ein 28. Regime wäre für das europäische Startup-Ökosystem ein dringend benötigter Schub“, so Co-Geschäftsführer Stresing.