Placebo statt Wachstumsspritze: Neue Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen bringen keine Verbesserungen für Startups
Berlin, 21.04.2021
Mit dem Beschluss des federführenden Finanzausschusses heute hat das Fondsstandortgesetz einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zum Inkrafttreten am 1. Juli 2021 genommen. Das Gesetz enthält neben aufsichtsrechtlichen Anpassungen auch Änderungen im Bereich der für Startups so wichtigen Mitarbeiterbeteiligungen. Trotz Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren bringen die neuen Regelungen nicht die dringend notwendigen positiven Änderungen für den deutschen Startup-Standort. Das Thema Mitarbeiterbeteiligungen muss in der nächsten Legislatur nochmal neu angegangen werden.
Für Startups sind Mitarbeiterbeteiligungen von zentraler Bedeutung, um Mitarbeitende für sich zu gewinnen und zu halten und ein schnell wachsendes, erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Im Hinblick auf die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen belegt Deutschland im internationalen Vergleich allerdings einen der letzten Plätze.
Mit der Ankündigung der Großen Koalition im Sommer 2020, die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen zu verbessern, waren daher große Erwartungen verbunden. Der im November 2020 veröffentlichte Referentenentwurf des Fondsstandortgesetzes griff die Ankündigungen zwar auf, ging jedoch nicht weit genug und war in sich nicht konsistent. Im Kern sah der Entwurf eine nachgelagerte Besteuerung bei Mitarbeiterbeteiligungen vor, beschränkte die Änderungen aber ausschließlich auf “echte” Anteile. Damit ging der Entwurf an den Bedürfnissen von Startups vorbei, weil diese insbesondere auch wegen gesellschaftsrechtlicher Schwierigkeiten kaum echte Anteile vergeben. Zudem stand der Praxistauglichkeit entgegen, dass von der Steuerstundung im Falle eines Arbeitgeberwechsels bzw. nach zehn Jahren wiederum abgesehen werden soll und damit in diesen Konstellationen weiterhin eine Besteuerung ohne Kapitalzufluss (dry income-Besteuerung) erfolgt. Weiterer Kritikpunkt war u.a. der Anwendungsbereich, der lediglich KMUs mit einem Höchstalter von bis zu zehn Jahren einschloss. Damit wurde die Startups immanente Skalierung und die teils zeitintensive Entwicklung von Hightech-Produkten außer Acht gelassen.
Im Laufe des parlamentarischen Verfahrens ist es zu Nachbesserungen gekommen. Dazu zählt insbesondere die explizite Einbeziehung auch von mittelbaren Beteiligungen. Auch ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf bis zu zwölf Jahre alte Unternehmen angesichts der restriktiven Vorschläge der vorherigen Gesetzesentwürfe grundsätzlich positiv zu bewerten. Wesentlicher Kritikpunkt bleibt aber insbesondere die dry income-Besteuerung bei einem Arbeitgeberwechsel. Die hier im parlamentarischen Verfahren erfolgten Änderungen verschieben die sog. dry income-Besteuerung nur zulasten des Arbeitgebers, beheben sie aber nicht. Das ist weder für Startup-Gründer*innen noch für Mitarbeitende zumutbar. Damit verfehlt die Große Koalition die Chance, erforderliche Veränderungen für das Startup Ökosystem auf den Weg zu bringen.
Der Präsident des Startup-Verbandes Christian Miele erklärt dazu:
“Wir anerkennen, dass es im parlamentarischen Verfahren zu Nachbesserungen gekommen ist. Unter dem Strich bringt das Gesetz aber leider nicht die erforderlichen Neuerungen der Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen. Wir haben auf eine wirksame Wachstumsspritze für Startups gesetzt, erhalten haben wir einen schön lackierten Placebo. Auf die Vergabe von Mitarbeiterbeteiligungen bei Startups wird das Gesetz in der Praxis wohl leider kaum Auswirkungen haben. Damit wurde eine Chance vertan, Deutschland in puncto Mitarbeiterbeteiligungen wettbewerbsfähig aufzustellen. Wenn wir Deutschland zukunftsfest machen wollen, müssen wir stärker auf die Bedürfnisse von Startups eingehen. Das Thema Mitarbeiterbeteiligungen ist dabei entscheidend. Wir brauchen dringend eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeitende im GmbH-Recht und eine international wettbewerbsfähige Besteuerung auch für Anteilsoptionen.“
Über den Startup-Verband
Der Bundesverband Deutsche Startups e.V. wurde im September 2012 in Berlin gegründet. Der Verein ist der Repräsentant und die Stimme der Startups in Deutschland. Er erläutert und vertritt die Interessen, Standpunkte und Belange von Startup-Unternehmen gegenüber Gesetzgebung, Verwaltung und Öffentlichkeit. Er wirbt für innovatives Unternehmertum und trägt die Startup-Mentalität in die Gesellschaft. Der Verein versteht sich als Netzwerk der Startups in Deutschland.