01.04.2024

Warum sich beim Thema Vereinbarkeit etwas ändern muss!

von Marie Sophie Hübner

Das Startup-Ökosystem ist noch immer von einem enormen Gender-Gap geprägt. Der Female Founders Monitor 2022 zeigt, dass der Frauenanteil unter Gründer*innen bei 20 Prozent liegt. Grund für diese Diskrepanz sind strukturelle Hindernisse für Frauen im Startup-Ökosystem.

Gründerinnen fehlt häufig der Zugang zu Netzwerken – das zeigt sich auch bei den Investments: Die durchschnittliche Finanzierung bei Männer-Teams ist neunmal höher ist als bei Frauen-Teams. Zudem fliest nur 1 Prozent des investierten Kapitals in Europa in Startups mit weiblichen Gründungsteams (FFM, 2022). Die Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum stellt für viele Gründerinnen eine zusätzliche Herausforderung dar. Deshalb setzt sich der Startup-Verband gemeinsam mit dem Verband deutscher Unternehmerinnen und dem BFB für eine bessere Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie und somit für mehr #startupdiversity ein. Gefordert wird Mutterschutz für Gründerinnen, eine Ausrichtung von Elterngeld und Elternzeit auf deren spezielle Bedürfnisse und eine systematische Absetzbarkeit beruflich veranlasster Kinderbetreuungskosten.

Die Gründerin und Geschäftsführerin von TalentRocket, Magdalena Oehl, wirbt für die Gleichstellung von Männern und Frauen im Startup-Ökosystem und hat dabei vor allem den Fachkräftemangel im Blick. Oehl betont, dass die Benachteiligung von Frauen dem Ökosystem und somit der gesamten Volkswirtschaft schade: „Wir kämpfen seit einigen Jahren mit einem Fachkräftemangel, der angesichts der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren rasant zunehmen wird. Abgesehen von gesellschaftlichen Gründen ist es auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, die Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum zu vereinfachen und somit talentierte Frauen als Gründerinnen zu gewinnen.“  

Die Bundesregierung geht im Koalitionsvertrag auf die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit ein und möchte diese zukünftig erleichtern (Koalitionsvertrag, 2021). Bislang bleibt die Situation für Gründerinnen in Deutschland jedoch angespannt – auch wenn Familienministerin Lisa Paus sich für mehr Rechte für selbstständige Mütter ausgesprochen hat (ZEIT ONLINE, 2022). Mutterschutz für Selbstständige soll kommen, über die konkrete Umsetzung sind allerdings keine Details bekannt.  

Die promovierte Mathematikerin und Unternehmerin Jutta Steiner war CEO von Parity Technologies und schwanger, als sie sich bewusst zur Gründung entschied. Vor der eigenen Gründung half sie 2013 bei der Lancierung des Blockchain-Netzwerks Ethereum. Sie erklärt: „Noch vor einigen Jahren hatte ich nicht im Traum darüber nachgedacht, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Allerdings bietet die Selbstständigkeit aus meiner Erfahrung mit die stärkste Kontrolle, um Arbeit und Leben mit Kindern nebeneinander zu verwirklichen. Da gibt es viel Gestaltungsspielraum, natürlich auch Herausforderungen. Aber die Zeit nach der Geburt ist sowieso eine Zeit der Neuorientierung, die sich mit den richtigen Rahmenbedingungen für eine berufliche Neuorientierung eignen kann.” Über 80 Prozent der Gründerinnen sehen eine Verbesserung der Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Gründung als wichtigen Hebel zur Stärkung des Startup-Ökosystems. Dem stimmt die Gründerin zu. Insbesondere die volle Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und gründungsfreundliche Regeln für das Elterngeld seien lange überfällig, betont Steiner und fügt hinzu: „Eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Gründung würde das Startup-Ökosystem substantiell verbessern.”

Ein weiteres Problem stellt die fehlende finanzielle Absicherung von Gründerinnen, die Kinder kriegen, dar. Gründerinnen in Deutschland haben grundsätzlich weder Anspruch auf die gesetzlichen Mutterschutzfristen noch auf die Zahlung von Mutterschaftsgeld. Je nach Versicherung erhalten Frauen nach der Geburt ein Krankentagegeld. Die Unternehmerin Verena Pausder ist selbst dreifache Mutter und erklärt: „Diese Leistungen sind häufig mit bürokratischen Hürden verbunden und fließen in der Regel erst nach sechs Wochen. Sie sind nicht mit Mutterschutz und Elterngeld vergleichbar.“ Selbstständige Frauen, die keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben und nicht über die notwendige Zusatzversicherung für Krankentagegeld verfügen, sind im Fall einer Schwangerschaft also einem ernstzunehmenden finanziellen Risiko ausgesetzt. „Um mehr Vereinbarkeit für das Startup-Ökosystem zu gewinnen, braucht es Mutterschutz für Selbständige und die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten“, sagt Pausder. Beim Thema Vereinbarkeit muss sich also etwas ändern! 

Quellen:

Female Founders Monitor, 2022
Koalitionsvertrag, 2021
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2022
Startup Verband, 2022. Positionspapier Vereinbarkeit Unternehmertum und Familie
ZEIT ONLINE, 2022

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