27.01.2025
Von Haftungsrisiken zum Wettbewerbsvorteil: Wie Startups die bAV-Pflicht zu ihrem Vorteil nutzen
von Catherine Leser (Penzilla)
Als Gründer*in jonglierst du täglich mit unzähligen Herausforderungen – von der Produktentwicklung über Marketingstrategien bis hin zur Suche nach Investor*innen. Aber wie steht es um die betriebliche Altersvorsorge (bAV) in deinem Unternehmen? Falls du das Thema bisher noch nicht auf dem Schirm hattest, bist du nicht allein – vielen Startup-Gründer*innen geht es genauso.
Doch Vorsicht, was viele nicht wissen: Arbeitnehmer*innen in Deutschland haben einen gesetzlichen Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge!
Unwissenheit schützt hier nicht vor Konsequenzen. Es lauern unterschätzte Haftungsrisiken, die im schlimmsten Fall deine gesamte Unternehmenssicherheit bedrohen könnten.
Aber keine Panik: Startups, die sich frühzeitig mit der Thematik auseinandersetzen und das Thema bAV strategisch angehen, haben nichts zu befürchten. Im Gegenteil: Sie profitieren von den zahlreichen Vorteilen der betrieblichen Altersvorsorge. Welche das sind und welche Risiken du unbedingt meiden solltest, das erfährst du hier.
1. Welche Pflichten haben Arbeitgeber*innen bei der betrieblichen Altersvorsorge?
Was viele Arbeitgeber*innen nicht wissen: Mitarbeitende haben in Deutschland schon seit 2002 einen gesetzlichen Anspruch darauf, eine betriebliche Altersvorsorge aus ihrem eigenen Bruttoentgelt zu besparen (Entgeltumwandlung).
Für dich bedeutet das:
- Du hast als Arbeitgeber*in die Pflicht, deinen Mitarbeitenden eine betriebliche Altersvorsorge zu ermöglichen.
- Darüber hinaus musst du deinen Mitarbeitenden einen Zuschuss in Höhe von mindestens 15 % ihres Beitrags gewähren, sofern deine Mitarbeitenden durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einsparen (Arbeitgeberzuschuss).
Allerdings kennen auch viele Mitarbeitende diesen Anspruch nicht und machen von ihrem Recht keinen Gebrauch – Arbeitgeber*innen sind nämlich nicht dazu verpflichtet, ihre Mitarbeitenden unaufgefordert darauf hinzuweisen.
Den meisten Arbeitgeber*innen ist das recht, denn das Thema wirkt schwer und komplex. Als Gründerin weiß ich selbst nur zu gut, wie viele Themen gleichzeitig die Aufmerksamkeit beanspruchen. Da werden vermeintlich zeitraubende Themen wie die Beschäftigung mit betrieblicher Altersvorsorge gern zur Seite geschoben, vor allem, wenn es scheint, dass sich ohnehin niemand wirklich dafür interessiert. Doch damit wiegt man sich in trügerischer Sicherheit.
Warum das wichtig ist: Unsere Erfahrung zeigt, dass das Thema bAV früher oder später auf dich zukommen wird – sei es, weil ein*e Mitarbeiter*in einen Anspruch geltend machen will oder ein neues Teammitglied seine bestehende Versorgung mitbringen möchte. Wer darauf nicht vorbereitet ist, riskiert Fehler, die zu erheblichen finanziellen Konsequenzen führen können.
2. Die häufigsten Haftungsrisiken – und wie du sie vermeidest
Umgang mit mitgebrachten Verträgen
Häufig kommen Arbeitgeber*innen das erste Mal mit dem Thema bAV in Berührung, wenn neue Teammitglieder ihre bAV im neuen Unternehmen weiter besparen wollen. Da erscheint es am naheliegendsten, den alten Vertrag einfach zu übernehmen – ein Fehler, der weitreichende Konsequenzen haben kann.
Denn damit übernimmst du den gesamten Vertrag mit all seinen Bedingungen und Verpflichtungen und trittst an die Stelle des vorherigen Arbeitgebers. Das bedeutet: Fortan haftest du für mögliche Fehler aus der Vergangenheit – etwa wenn dein Vorgänger/deine Vorgängerin fehlerhafte Klauseln akzeptiert hat, dein Teammitglied unzureichend beraten hat oder Zuschüsse nicht gezahlt wurden.
Darüber hinaus entsteht dir natürlich auch mit jedem neuen Vertrag zusätzlicher Verwaltungsaufwand.
Praxis-Tipp: Lass mitgebrachte Verträge vor der Übernahme von einem/einer bAV-Expert*in prüfen. Alternativ kannst du festlegen, dass du fremde Verträge grundsätzlich nicht übernimmst. Stattdessen können neue Mitarbeitende ihr angespartes Vorsorgekapital in deine bAV übertragen.
Unachtsamkeit bei der Vertragsauswahl
Deine Mitarbeitenden können dir gegenüber zwar ihren Anspruch auf bAV geltend machen. Doch du alleine entscheidest darüber, wie diese betriebliche Altersvorsorge organisiert wird, welcher Durchführungsweg und Versorgungsträger dahinter stehen, wie die Beiträge angelegt werden und welche Leistungen du deinen Mitarbeitenden zu Renteneintritt versprichst.
Das hat einen guten Grund: Denn als Arbeitgeber*in stehst du in der Verantwortung, dass deine Mitarbeitenden bei Renteneintritt die zugesagten Leistungen auch erhalten. Erbringt eine Versorgung nicht das, was deinen Mitarbeitenden vertraglich zugesichert wurde, musst du für die Differenz aufkommen! Auf keinen Fall solltest du es deshalb aus Bequemlichkeit deinen Mitarbeitenden überlassen, einen bAV-Vertrag auszusuchen.
Praxis-Tipp: Lass dich vor der Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge von einem/einer unabhängigen Expert*in beraten. Gute bAV-Expert*innen beraten dich unabhängig von einem bestimmten Durchführungsweg. Sie prüfen verschiedene Anbieter und Verträge und weisen dich auf Risiken hin.
3. Wie du aus der bAV-Pflicht einen Vorteil für dein Startup machst
Meine Empfehlung lautet ganz klar: Schieb das Thema betriebliche Altersvorsorge nicht auf, sonst holt es dich irgendwann ein. Geh es stattdessen proaktiv an! So behältst du als Arbeitgeber*in die Initiative und kannst die betriebliche Altersvorsorge strategisch für dich nutzen. Denn die ist auch für Arbeitgeber*innen ein ziemlich attraktiver Benefit:
Wettbewerbsvorteil im War for Talents
Die bAV ist beliebt! Das zeigen Benefits-Studien immer wieder aufs Neue. Unter Mitarbeitenden aller Altersklassen gehört sie zu den Top 3 der beliebtesten Benefits und ist damit ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung für ein Unternehmen.
Praxis-Tipp: Allein der Hinweis in Stellenausschreibungen, dass Mitarbeitende eine betriebliche Altersvorsorge nutzen können, kann bereits positive Effekte fürs Recruiting haben, denn jede*r zweite ist sich dieses Rechtsanspruchs nicht bewusst.
Noch größer ist der Effekt selbstverständlich, wenn du bereit bist, höhere Zuschüsse zu gewähren oder dein Vergütungspaket um eine arbeitgeberfinanzierte bAV zu erweitern.
Instrument zur Mitarbeitendenbindung
Das kann sich nicht nur im Recruiting lohnen, sondern auch bei der Bindung von Mitarbeitenden. Unternehmen, die hohe Zuschüsse zur bAV ihrer Mitarbeitenden gewähren, sind nicht alltäglich. Entsprechend vergrößert sich die Hürde, das Unternehmen zu verlassen.
Noch effektiver lässt sich eine arbeitgeberfinanzierte bAV in diesem Zusammenhang einsetzen. Denn hier gibt es ähnlich wie bei den beliebten Stock Option Plänen eine Vesting-Regelung: Erst, wenn die bAV-Zusage mehr als drei Jahre Bestand hatte, erwerben Mitarbeitende auch einen Anspruch darauf.
Der einzige Benefit, der dir Geld zurückgibt
Die betriebliche Altersvorsorge ist der wohl einzige Benefit, durch dessen Einführung Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen sogar Einsparungen erzielen können, anstatt Mehrkosten zu generieren. Denn zahlen deine Mitarbeitenden in die betriebliche Altersvorsorge ein, werden auf diese Beiträge keine Sozialabgaben erhoben. Dadurch ergeben sich insbesondere dann Einsparungen, wenn der Großteil deiner Mitarbeitenden unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Krankenversicherung verdient. Dann sparst du für jeden Teinehmenden an der bAV die vollen Sozialversicherungsbeiträge und erzielst selbst dann noch ein Plus, wenn du deinen Mitarbeitenden nicht nur die vorgeschriebenen 15 % Zuschuss, sondern sogar 20 % Arbeitgeberzuschuss gewährst.
Richtig ausgestaltet kannst du mit einer betrieblichen Altersversorgung sogar noch weiter gehen und nicht nur Kosten senken, sondern sogar Cash generieren, indem du dir selbst ein Darlehen zu günstigen Konditionen aus der bAV gewährst, was erhebliche Steuer- und Liquiditätsvorteile bietet.
CTA: Lade dir unser kostenloses Booklet herunter, um alles zu erfahren, was du über die bAV wissen musst – inkl. praktischer Checklisten. Lass dich inspirieren und werde zum Vorreiter in Sachen Altersvorsorge!
Fazit
Die betriebliche Altersvorsorge ist für Arbeitgeber*innen nicht nur Pflicht, sondern auch eine große Chance. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung einräumen und mindestens 15 % Arbeitgeberzuschuss leisten. Wer die betriebliche Altersvorsorge jedoch nicht als lästige Pflicht begreift, sondern sie strategisch nutzt, kann sich als attraktive*r Arbeitgeber*in einen echten Vorteil im Wettstreit um die besten Talente verschaffen. Gleichzeitig lassen sich durch eine gut geplante betriebliche Altersvorsorge Kosten optimieren, Risiken minimieren und finanzielle Vorteile erzielen. So wird aus einer gesetzlichen Vorgabe ein entscheidender Erfolgsfaktor für dein Unternehmen.
Über die Autorin:
Catherine Leser ist die Co-Gründerin von Penzilla und unterstützt als Expertin für betriebliche Altersvorsorge Gründerinnen und Gründer bei der Einführung betrieblicher Vorsorgelösungen, zu denen neben betrieblicher Altersvorsorge auch die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung sowie betriebliche Kranken- und betriebliche Pflegeversicherung gehören.
Zuvor war sie als Unternehmensberaterin für eine der Big 4 Gesellschaften tätig und hat als Prokuristin Mittelstands- und DAX-Unternehmen dabei unterstützt, ihre internen Prozesse lean und effizient aufzusetzen.
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