11.04.2025

Startup-Check zum Koalitionsvertrag 2025: Fortschritte mit Fragezeichen in der Umsetzung

von Joshua Allen (Startup-Verband)

Der Koalitionsvertrag 2025 enthält zahlreiche Elemente, die das Potenzial haben, den Standort Deutschland für Startups attraktiver zu machen. Viele Forderungen unserer Startup-Community wurden aufgenommen – insbesondere bei der Wachstumsfinanzierung, beim Bürokratieabbau und in der Innovationspolitik. Gleichzeitig bleibt offen, ob es und wie schnell es gelingt, die Vielzahl der angekündigten Maßnahmen auch wirkungsvoll umzusetzen. Denn entscheidend wird sein, wie klar Zuständigkeiten geregelt und Maßnahmen tatsächlich priorisiert werden (nicht zuletzt auch im Haushalt) – sonst helfen die besten Ankündigungen unseren Startups am Ende des Tages wenig.  

Fortschritte bei Kapital und Bürokratie

Beginnen wir mit dem Positiven: Selten zuvor wurde in einem Koalitionsvertrag so klar benannt, dass Startups eine Schlüsselrolle für wirtschaftliche Dynamik, technologische Souveränität und gesellschaftliche Transformation spielen. Viele langjährige Forderungen des Startup-Ökosystems finden sich wieder – und das nicht nur rhetorisch, sondern in Form konkreter Maßnahmen. 

Ein echtes Highlight: Der geplante Deutschlandfonds mit einem Zielvolumen von 100 Milliarden Euro zur Wachstumsfinanzierung. Kombiniert mit der geplanten Verstetigung des Zukunftsfonds und der Aufstockung der WIN-Initiative auf über 25 Milliarden Euro, könnten endlich jene Kapitalspritzen erfolgen, die es braucht, um globale Champions in Deutschland zu halten. Der Einsatz für eine  Solvency-II-Reform und die Öffnung des Kapitalmarktrechts für Startups zielen in dieselbe Richtung: Mehr privates Kapital für innovative Geschäftsmodelle. Was jedoch fehlt, sind konkrete Instrumente zur Förderung von Exit-Märkten und Börsengängen in Deutschland. Ohne attraktive Perspektiven für spätere Finanzierungsrunden und Exits bleibt der Wachstumspfad für Startups lückenhaft. 

Auch im Bereich Bürokratieabbau setzt die Koalition starke Signale. Startup-in-a-Day, ein One-Stop-Shop für Gründungen und die digitale Beurkundung sind mehr als symbolische Gesten – sie sind längst überfällig. Mit dem automatischem Datenaustausch zwischen Behörden und einer möglichen Gründerschutzzone liegen wichtige Hebel auf dem Tisch. Die Vision: Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden. Es wird Zeit! Auch der angekündigte Bürokratieabbau bei Fördermitteln und Nachweispflichten könnten das Gründerleben spürbar erleichtern.

Talente, Technologie, Transfer – Fortschritt in Schlüsselbereichen

Der Koalitionsvertrag setzt wichtige Impulse für technologiegetriebene Gründungen. Ausgründungen aus Hochschulen sollen deutlich einfacher werden – inklusive standardisierter Ausgründungsverträge. Die Innovationsagentur SPRIND soll gestärkt werden, um sich für Moonshot-Projekte und Verteidigungsforschung zu öffnen. Mit einer KI-Offensive, Reallaboren und Zugang zu Rechenleistung will die Regierung Deutschland im globalen Wettbewerb besser aufstellen. Eine Hightech-Strategie für Quanten, Raumfahrt und Fusion rundet das Paket ab.  

Besonders relevant ist auch die stärkere Rolle des Staates als Ankerkunde für innovative Lösungen – sei es in der Raumfahrt oder bei digitalen Anwendungen. So kann der Staat helfen, erste Referenzkunden zu schaffen, Vertrauen im Markt zu fördern und Skalierung zu ermöglichen. 

Im Fachkräftebereich sind erste Schritte in die richtige Richtung erkennbar. Die geplante Work-and-Stay-Agentur, vereinfachte Visa-Verfahren, beschleunigte Anerkennung beruflicher Qualifikationen sowie steuerliche Anreize für Mehrarbeit sollen helfen, dem zunehmenden Arbeitskräftemangel zu begegnen. Auch Themen wie Vereinbarkeit und Gründerinnenförderung werden adressiert. Allerdings bleibt der Vertrag beim zentralen Hebel – der Mitarbeiterbeteiligung – noch vage. Eine Reform wird zwar angekündigt, doch konkrete Regelungen oder Zeitpläne fehlen. Damit bleibt abzuwarten, ob Deutschland im internationalen Wettbewerb um Top-Talente wirklich aufholt.

Standortfaktoren bleiben offen

Ein zentrales Defizit bleibt der Umgang mit strukturellen Standortfaktoren. Bei Themen wie Sozialabgaben, Renten- oder Gesundheitskosten bleibt es bei Prüfaufträgen, Kommissionen oder Zielkorridoren. Konkrete Reformen werden nicht benannt. Das schafft Unsicherheit – gerade für internationale Fachkräfte, die bei ihrer Standortwahl neben Gehältern auch die Gesamtbelastung durch Steuern und Abgaben betrachten.

Fazit: Fortschritt mit Umsetzungsvorbehalt

Der Koalitionsvertrag 2025 hat viele sinnvolle Einzelmaßnahmen zu bieten, die dem Startup-Ökosystem helfen können. Vor allem in der Finanzierung, bei Gründungsprozessen, im Bereich DeepTech und bei der Verwaltungsmodernisierung gibt es erkennbare Fortschritte. Auch im Fachkräftebereich werden wichtige Weichen gestellt – etwa durch erleichterte Zuwanderung und schnellere Anerkennungsverfahren. 

Gleichzeitig bleibt offen, ob es gelingt, die vielen richtigen Impulse auch zusammenzuführen und wirksam umzusetzen. Entscheidend ist jetzt, dass die zahlreichen Maßnahmen in eine konsistente, umsetzungsorientierte Startup- und Innovationspolitik münden – das darf nicht zwischen unklaren Zuständigkeiten stecken bleiben. 

Vieles steht und fällt mit der Frage, ob klare Verantwortlichkeiten geschaffen, Maßnahmen koordiniert und konsequent priorisiert werden. Jetzt braucht es Tempo und gut ausdefinierte Zuständigkeiten, damit aus ambitionierten Ankündigungen echte Erleichterungen für Gründerinnen und Gründer werden. Nur dann kann das in Deutschland vorhandene Potenzial voll ausgeschöpft werden. Der Koalitionsvertrag bietet die Chance für einen echten Aufbruch – aber er muss jetzt mit Leben gefüllt werden.

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